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Im Arabischen wird das Fasten mit den Worten „sawm” (صوم) oder „siyam” (صيام) wiedergegeben. Im Türkischen spricht man von „oruç”, welches eher aus dem persischen „rozah” (روزه) abgeleitet ist. Das Wort Fasten kommt im Koran an insgesamt elf verschiedenen Stellen vor. Die Koranstellen geben uns Erklärungen darüber, für wen das Fasten im Ramadan eine Pflicht darstellt und von wann bis wann man fasten soll. Dabei kann das Wort “fasten“ auch eine andere Bedeutung einnehmen.
Ein Beispiel für diese andere Bedeutung von Fasten findet sich beispielsweise in dem folgendem Vers aus der Sura Maria:
فَكُل۪ي وَاشْرَب۪ي وَقَرّ۪ي عَيْناًۚ فَاِمَّا تَرَيِنَّ مِنَ الْبَشَرِ اَحَداًۙ فَقُول۪ٓي اِنّ۪ي نَذَرْتُ لِلرَّحْمٰنِ صَوْماً فَلَنْ اُكَلِّمَ الْيَوْمَ اِنْسِياًّۚ ﴿٢٦﴾
Koran: Sure 19 (Maria), Vers 26
Das arabische Wort صوم wird in diesem Vers nicht im Sinne von Fasten benutzt, sondern im Sinne von Schweigen. Maria (ra), die Mutter Jesu (as), gelobte zu schweigen und zu niemandem zu sprechen.
Fasten ist eine Pflicht, die sich primär aus dem Koran ergibt
Es gibt verschiedene Stellen im Koran, die sich mit dem Thema Fasten beschäftigen. Als Grundlage für das Gebot, im Ramadan zu fasten, dient Vers 183 in der Sure 2: „O ihr, die ihr glaubt! Euch ist das Fasten vorgeschrieben, wie es den Menschen vor euch vorgeschrieben war; vielleicht werdet ihr gottesfürchtig.”
Fasten ist für Muslime also genauso vorgeschrieben, wie es bereits den Menschen vor ihnen vorgeschrieben war. Dies deutet darauf hin, dass das muslimische Fasten eine Fortführung einer bekannten gottesdienstlichen Handlung ist. Religiös betrachtet ist Fasten, durch die klare Anordnung im koranischen Text, eine Pflicht (fardh).
Im darauffolgenden Vers 184 wird dann näher erläutert: „(Es geht um) abgezählte Tage; wenn einer unter euch aber krank oder auf Reisen ist, der faste die gleiche Anzahl von anderen Tagen. Und die, die es nur mit größter Schwierigkeit könnten, sollen zum Ausgleich einen Armen speisen. Und wer aus freien Stücken mehr als vorgeschrieben tut, tut es zu seinem Besten. Dass ihr fastet, ist euch zum Vorteil, wenn ihr es richtig begreift.”
Hier werden also die Ausnahmen und Erleichterungen beim Fasten aufgezählt. Der Vers gibt auch einen Hinweis auf das Thema des Lösegeldes (fidye) für alle, die nicht imstande sind zu fasten.
In Vers 185 wird schließlich dann auch wörtlich auf den Ramadan als Fastenmonat hingewiesen:
„Es ist der Monat Ramadan, in welchem der Koran als Rechtleitung für die Menschen und als Beweis dieser Rechtleitung und als (normativer) Maßstab herabgesandt wurde. Wer von euch in diesem Monat zugegen ist, soll während seines Verlaufs fasten. Wer jedoch krank ist oder auf einer Reise, der (faste) eine (gleiche) Anzahl anderer Tage. Allah wünscht, es euch leicht — und nicht schwerzumachen und dass ihr die Zahl (der Tage) erfüllt und Allah dafür preist, dass Er euch geleitet hat. Und vielleicht seid ihr dankbar.”
Hier wird insbesondere auf den Koran und die Bedeutung des Monats Ramadan hingewiesen. Gleichzeitig gibt es weitere Hinweise darauf, für wen das Fasten im Ramadan eine Pflicht darstellt.
Erlaubtes und Verbotenes laut Koran während und nach dem Fasten
Auch das Verhalten in der Zeit, in der man nicht fastet (nachts) wird im Koran erwähnt, genauer in Vers 187 der zweiten Sura:
„Erlaubt ist euch, in der Nacht des Fastens euren Frauen beizuwohnen. Sie sind euch ein Kleid, und ihr seid ihnen ein Kleid. Allah weiß, dass ihr selbst euch dies verwehrt hättet. Doch Er hat sich euch gnädig zugewandt und Erleichterung gewährt. So verkehrt mit ihnen und macht von dem Gebrauch, was Allah euch eingeräumt hat. Und esst und trinkt, bis ihr in der Morgendämmerung einen weißen Faden von einem schwarzen Faden unterscheidet. Dann haltet das Fasten streng bis zur Nacht. Und verkehrt nicht mit ihnen, wenn ihr euch in die Moscheen zurückgezogen habt. Dies sind die von Allah gesetzten Schranken; kommt ihnen nicht zu nahe. So macht Allah Seine Zeichen den Menschen deutlich. Vielleicht werden sie gottesfürchtig.”
Im letzten Vers wird explizit klargestellt, dass neben der sexuellen Enthaltsamkeit auch das Essen und Trinken für Muslime in der Fastenzeit tabu sind. Ebenso wird das Verbot zu essen, zu trinken und enthaltsam zu sein in der Nacht aufgehoben. Es war vor der Offenbarung dieses Verses üblich, dass Muslime auch in der Nacht enthaltsam lebten. Ausnahme von dieser Erlaubnis ist das Zurückziehen im Ramadan (itiqaf), welches auch die Enthaltsamkeit im sexuellen Bereich vorschreibt.
Wann endet und beginnt laut Koran die Fastenzeit?
Die Fastenzeit beginnt mit der Morgendämmerung und endet mit dem Sonnenuntergang. Im arabischen Wortlaut steht ثُمَّ اَتِمُّوا الصِّيَامَ اِلَى الَّيْلِۚ — das ist so zu übersetzen, dass es den Sonnenuntergang (als Anbruch zur Nacht) meint. Der Eintritt der Nacht beginnt mit dem Sonnenuntergang. Muslime fasten deshalb von Morgendämmerung bis Sonnenuntergang.
Interessant ist auch die Wortwahl des Koran: „Und esst und trinkt, bis ihr in der Morgendämmerung einen weißen Faden von einem schwarzen Faden unterscheidet.”
In einer Überlieferung heißt es, dass Adiyy bin Hatim (ra), ein Gefährte des Propheten (ﷺ), diesen Abschnitt wörtlich verstanden hat. Er hatte unter seinem Kissen einen weißen und einen schwarzen Faden versteckt. Damit wollte er prüfen, wann die Fastenzeit anbrach. Er sah aber keinen Unterschied zwischen den Fäden. Ratlos wandte er sich an den Propheten (ﷺ). Der Gesandte Allahs (ﷺ) erklärte ihm daraufhin: „Dieser Vers bedeutet die Dunkelheit der Nacht und das Weiß der Morgendämmerung.“ (Bukhari, Sawm, 16)
Entsprechend gibt es auch die zwei wichtigen Zeiten, die für Muslime beim Fasten entscheidend sind. Mit „ Imsak” wird die Morgendämmerung und damit die Zeit für den Beginn des Fastens oder das Morgengebet angegeben. Imsak bedeutet in diesem Sinne so viel wie das Ende der Nacht, das Ende der Erlaubnisse und den Beginn des Morgens.
Daneben gibt es die Zeit des „Iftar„. Iftar meint das Ende des Tages, den Sonnenuntergang und die Zeit für das Abendgebet (maghrib). Wir würden auch sagen zur Abenddämmerung oder zum Beginn der Nacht. Iftar ist für uns auch der Anfang der Zeit, in der wir unser Fasten für den Tag beenden und essen und trinken können.
Fazit
Das Fasten im Islam geht weit über den bloßen Verzicht auf Essen und Trinken hinaus. Es ist eine tiefgreifende spirituelle Erfahrung, ein Gottesdienst, der im Koran verankert ist und durch persönliche Erfahrungen lebendig wird. Ob durch die strukturierte Einhaltung des Fastens zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang oder durch das Eingehen individueller Erleichterungen – der Ramadan lädt uns ein, innere Stärke zu entdecken und gemeinsam zu wachsen.
Ich lade euch herzlich ein, eure eigenen Erfahrungen und Gedanken zum Fasten in den Kommentaren zu teilen. Wie erlebt ihr diese besondere Zeit des Jahres?
Fasten im Islam