Ramadan: Wortherkunft, Bedeutung und spirituelle Hintergründe

Ramadan: Wortherkunft, Bedeutung und spirituelle Hintergründe

In diesem überarbeiteten Beitrag gehen wir auf die Bedeutung und Herkunft des Wortes Ramadan ein: Reinigung, spirituelle Schärfung, Hitze und göttliche Nähe im islamischen Fastenmonat werden als Konzepte verständlich erklärt.

Warum heißt der Fastenmonat Ramadan?

Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders und gilt als eine der zentralen Zeiten des Jahres für Muslime. Viele wissen bereits, dass er durch das Fasten und das besondere Gedenken an die Offenbarung des Korans geprägt ist. Doch woher stammt der Name „Ramadan“ eigentlich, und was bedeutet er?

In diesem Beitrag schauen wir uns die verschiedenen Aspekte der Namensgebung an und erfahren, wie eng sie mit der religiösen, historischen und auch sprachlichen Bedeutung verknüpft sind.

Ramadan im Koran

Ramadan ist der einzige sogenannte „Mond-Monat“ des islamischen Kalenders, der im Koran ausdrücklich erwähnt wird. Diese namentliche Erwähnung hebt ihn bereits unter den anderen elf Monaten hervor. In der islamischen Tradition wird er außerdem als „Monat des Korans“ bezeichnet, da im Ramadan nach islamischem Verständnis der Koran zum ersten Mal offenbart wurde.

„Es ist der Monat Ramadan, in welchem der Koran als Rechtleitung für die Menschen und als Beweis dieser Rechtleitung und als (normativer) Maßstab herabgesandt wurde. Wer von euch in diesem Monat zugegen ist, soll während seines Verlaufs fasten. Wer jedoch krank ist oder auf einer Reise, der (faste) eine (gleiche) Anzahl anderer Tage. Allah wünscht, es euch leicht — und nicht schwerzumachen und dass ihr die Zahl (der Tage) erfüllt und Allah dafür preist, dass Er euch geleitet hat. Und vielleicht seid ihr dankbar.“

Koran, Sura 2, Vers 185, ungefähre Übersetzung nach Max Henning

Die mit dem Ramadan verbundene Fastenpflicht – eine der fünf Säulen des Islam – unterstreicht seine besondere Bedeutung zusätzlich. Traditionell wird der Ramadan sogar als „Monat Allahs (ﷻ)“ bezeichnet, da er eine Zeit intensiver Gottesdienste (Gebete, Koranrezitation, Spenden) und verstärkter Hinwendung zu Allah (ﷻ) ist.

Der arabische Ursprung: Buchstaben ر م ض

Der Begriff „Ramadan“ (رمضان) leitet sich von den arabischen Buchstaben ر م ض (R-M-D) ab. Diese Buchstabenfolge ist in der arabischen Sprache häufig mit Bedeutungen verbunden, die sinnbildlich auf Reinigung, Hitze oder Schärfung hinweisen. Obwohl sich nicht ganz eindeutig festlegen lässt, welche dieser Bedeutungen den Ausschlag für den Namen gab, ergibt sich ein vielfältiges Bild:

  1. ramda (رمضى)
    • Bedeutung: Regen, der zu Beginn der Herbstmonate auftritt und dabei den Boden von Staub reinigt.
    • Übertragung auf Ramadan: Ähnlich wie dieser Regen den Staub von der Erde wäscht, reinigt der Ramadan symbolisch die Gläubigen von ihren Sünden. Das Fasten, verbunden mit Reue und Gebeten, gilt als Gelegenheit zur spirituellen Erneuerung.
  2. ramada (رمض)
    • Starke Hitze: Dieses Wort bezeichnet das Erhitzen von Steinen durch intensive Sonneneinstrahlung. Ramadan könnte also auf die „Hitze“ verweisen, die das Fasten (Hunger und Durst) begleitet und gewissermaßen die Sünden wegbrennt.
    • Waffenfertigung: Eine andere Deutung bezieht sich auf das Schmieden und Schärfen von Waffen zwischen Steinen. Übertragen auf den Fastenmonat bedeutet dies, dass Gläubige in dieser Zeit ihre geistige Stärke schärfen und sich spirituell „ausrüsten“, um ein reines Herz und einen gefestigten Glauben zu haben.
  3. Ramadan als möglicher Name Allahs (ﷻ)
    • Religiöse Sicht: Einige Überlieferungen (allerdings schwächeren Ursprungs) deuten darauf hin, dass Ramadan zu den 99 Namen Allahs (ﷻ) gehören könnte.
    • Barmherzigkeit: Selbst wenn dies nicht als gesicherte Überlieferung betrachtet wird, betonen zahlreiche Gelehrte die besondere Verbindung des Monats zu Allah (ﷻ). Der Ramadan wird als Zeit gesehen, in der Gott den Gläubigen besonders nahe ist, sie mit Vergebung überschüttet und ihre Reue annimmt.

Historische Perspektiven

Präislamische Wurzeln?

Es existieren Diskussionen unter Wissenschaftlern, inwieweit der Name „Ramadan“ schon vor der islamischen Offenbarung bekannt war. In vielen Kulturen war es üblich, Monate nach besonderen klimatischen Merkmalen oder Tätigkeiten zu benennen (z. B. Regenzeit, Erntezeit, Waffenpflege). Es liegt daher nahe, dass die Benennung „Ramadan“ im arabischen Raum auch vor der Offenbarung im Umlauf war und dann im Islam eine tiefere, religiöse Prägung erhielt.

Beweglicher Monat im Jahreskreislauf

Da der islamische Kalender lunar (mondbasiert) ist, wandert Ramadan durch die verschiedenen Jahreszeiten. In einer Zeitspanne von ungefähr 33 Jahren durchläuft er alle Monate des Sonnenkalenders. Das bedeutet, dass Ramadan mal in den heißen Sommer, mal in den kühleren Winter fallen kann. Das Wort „Hitze“ (ramada) mag in den Anfangszeiten des Islam besonders naheliegend gewesen sein, als der Fastenmonat häufig in den heißen Monaten lag.

Religiöse Praxis und Spiritualität

Fasten als Reinigungsprozess

Fasten im Ramadan wird nicht nur als Verzicht auf Essen und Trinken von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang verstanden, sondern als ganzheitliche Übung, die den Charakter formen, den Glauben stärken und die Seele reinigen soll.

Die Wortherkunft „Regen, der den Boden wäscht“ (ramda) bietet dafür ein eindrückliches Bild. Gläubige versuchen, sich in dieser Zeit von Sünden fernzuhalten, Almosen zu geben, die Rezitation des Korans zu intensivieren und sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren.

„Hitze“ und Geduld

Die Deutung „Hitze“ (ramada) kann auch auf die Geduld verweisen, die das Fasten erfordert. Wer bei hohen Temperaturen ohne Wasser und Nahrung auskommen muss, spürt den Verzicht umso stärker. Dieser bewusst erlebte Durst und Hunger vertieft das Mitgefühl für Bedürftige und kann helfen, die Entbehrungen anderer Menschen nachempfinden zu können.

Schärfung der Seele

Die Vorstellung, dass im Monat Ramadan „Waffen geschärft“ werden (ramada als Metapher für das Schleifen und Polieren) passt zum Aspekt der inneren Stärkung. Muslime sehen im Ramadan eine Zeit, in der sie ihren Glauben stärken und ihre Disziplin ausüben, ihre Gebete vertiefen und somit mit einem „geschärften“ Charakter aus dem Monat hervorgehen.

Ramadan im heutigen Verständnis

  1. Monat der Sündenvergebung
    Im Ramadan wird traditionell davon ausgegangen, dass Allah (ﷻ) die Reue der Gläubigen verstärkt annimmt und ihre Sünden vergibt. Durch intensives Gebet, Rezitation des Korans und wohltätige Handlungen hoffen viele, ihre Sünden hinter sich zu lassen und sich zu reinigen – in Anlehnung an den reinigenden Regen (ramda).
  2. Monat der Hitze, körperlich oder spirituell
    Obwohl der Monat über die Jahre kalendarisch wandert, bleibt der Verzicht auf Nahrung und Wasser tagsüber ein zentrales Element, das oft mit Anstrengung und Erhitzung assoziiert wird. Diese Hitze kann zugleich als symbolische Reinigung und ein Versuch der Läuterung der eigenen Seele betrachtet werden.
  3. Monat der inneren Erneuerung
    Viele Gläubige nutzen den Ramadan, um ihre religiösen Praktiken zu vertiefen, ihr moralisches Verhalten zu stärken und mehr Zeit für spirituelle Reflexion einzuräumen. Er wird so zu einem Monat der „Schärfung“ der eigenen Persönlichkeit und Sinne.
  4. Monat Allahs (ﷻ)
    Da der Monat besonders Allah (ﷻ) gewidmet ist, sehen viele in der Formulierung „Monat Ramadan“ auch einen Verweis darauf, dass dieser Monat in besonderer Weise der Barmherzigkeit, dem Segen und der Annahme von guten Taten unterliegt.

Ramadan als vielschichtiger Begriff

Der Name „Ramadan“ ist weitaus mehr als nur eine historische Bezeichnung. Er trägt mehrere Dimensionen in sich:

  • Reinigung: Symbolisiert durch den Regen, der den Staub fortwäscht.
  • Hitze: Verkörpert die Anstrengung und das Einüben von Geduld beim Fasten.
  • Schärfung: Steht für die Erneuerung und Stärkung der inneren Haltung und des Charakters.
  • Göttliche Verbindung: Indiziert durch den engen Bezug zu Allah (ﷻ), der den Gläubigen nahe ist und ihre Aufrichtigkeit belohnt.

Die verschiedenen Wurzeln und Deutungen machen klar, warum der Ramadan von den ersten Generationen des Islam bis in die Gegenwart hinein eine so große Faszination und ein so tiefes religiöses Gewicht besitzt. Für viele Gläubige ist es die wichtigste Zeit im Jahr, in der sie neue Kraft schöpfen und sich auf das Wesentliche im Leben besinnen – nämlich ihre Beziehung zu Allah (ﷻ) und ihr verantwortungsvolles Handeln gegenüber ihren Mitmenschen.

Ob man nun die „Reinigung“ stärker hervorhebt, die „Hitze“ als Lernprozess betrachtet oder den Monat als Gelegenheit zum „Schärfen“ seiner Werte nutzt: Ramadan bleibt eine Zeit der Besinnung, der Spiritualität und der besonderen Barmherzigkeit, die Gläubigen auf der ganzen Welt immer wieder neue Kraft gibt.

Akif Şahin

Akif Şahin aus Hamburg. Arbeite als SEO-Manager für eine der größten Bildungs-Gruppen in Europa. Als Muslim interessiert mich die Geschichte und Kultur des vorderen Orients. Auf diesem Blog gibt es Einsichten, Aussichten und Islamisches.

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