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Was ist das Tarawih-Gebet?
Das Tarawih-Gebet wird ausschließlich im Monat Ramadan verrichtet und gehört zu den betonten Sunna-Handlungen (Sunna Muakkada), also gottesdienstlichen Handlungen, die der Prophet Muhammad (ﷺ) regelmäßig verrichtete.
Je nach Rechtsschule gibt es unterschiedliche Auffassungen über das Tarawih-Gebet. Hier wird die hanafitische Sichtweise erläutert, die sich jedoch weitgehend mit der Mehrheitsmeinung deckt. Für eine detaillierte Auseinandersetzung kann es sinnvoll sein, ein umfassendes Werk zu studieren oder den eigenen Imam zu konsultieren.
Das Tarawih-Gebet kann sowohl in der Moschee als auch zu Hause verrichtet werden. Wer das Gebet alleine zu Hause verrichtet, sollte sich bemühen, es in Ruhe und mit Bedacht zu beten, um die spirituelle Atmosphäre zu bewahren.
Bedeutung des Tarawih-Gebets
Das Tarawih-Gebet umfasst insgesamt 20 Gebetseinheiten (Rakat). Es ist auch für jene eine Sunna, die aufgrund von Krankheit oder Reisen nicht fasten können. Besonders empfohlen ist es, das Gebet in der Gemeinschaft in der Moschee zu verrichten, da dies mit einem noch höheren Lohn verbunden ist.
Der Prophet Muhammad (ﷺ) sagte:
„Wer aus reinem Glauben und im Streben nach der Belohnung Gottes die Nächte im Ramadan im Gebet verbringt, dem werden seine vergangenen Sünden vergeben.“
Riyad-us Salihin, Hadith Nr. 1185, Kapitel 9
Wie viele Rakat hat das Tarawih-Gebet?
Das Tarawih-Gebet besteht aus insgesamt 20 Rakat (Gebetseinheiten).
- Es kann in Zweier-Schritten verrichtet werden (jeweils zwei Rakat, dann Salam, bis 20 erreicht sind)
- Alternativ kann es in Vierer-Schritten verrichtet werden (jeweils vier Rakat, dann Salam, bis 20 erreicht sind)
Einige Gelehrte vertreten auch die Meinung, dass es erlaubt ist, weniger als 20 Rakat zu beten, insbesondere wenn die Umstände es erschweren, die volle Anzahl zu verrichten. Gerade wenn man allein und Zuhause betet, ist eine Abweichung von den 20 möglich. Als Minimum werden 8 Rakat angesehen. Dennoch ist die vollständige Verrichtung sehr empfohlen worden.
Ist das Witr-Gebet eine Pflicht?
Das Witr-Gebet wird im Ramadan üblicherweise nach dem Tarawih-Gebet verrichtet, kann jedoch auch davor erfolgen. Nach hanafitischer Rechtsauffassung ist das Witr-Gebet eine Wajib-Handlung (verbindlich, aber nicht so verpflichtend wie eine Fard-Handlung). Nach anderen Rechtsschulen ist es eine betonte Sunna (Sunna Muakkada), die sehr empfohlen, aber nicht zwingend verpflichtend ist.
Unterschiede in der Verrichtung
Je nach kulturellem Hintergrund gibt es Unterschiede in der Art der Verrichtung des Tarawih-Gebets:
- In türkischen Moscheen wird das Tarawih-Gebet oft schnell gebetet.
- In arabischen Moscheen erfolgt es langsamer, mit längeren Pausen und Besinnlichkeit.
Die ruhigere Art entspricht dem Geist des Nachtgebets (Qiyam al-Lail) besser und kann eine spirituellere Erfahrung ermöglichen. Wer das Gebet mit Hingabe und Ruhe verrichtet, erfährt eine besondere Verbindung zu Allah (ﷻ).
Teilnahme am gemeinschaftlichen Gebet
Wer die Möglichkeit hat, sollte an den Tarawih-Gebeten in der Moschee teilnehmen. In den ersten Nächten helfen die Imame oft dabei, die korrekte Verrichtung zu lernen.
In einigen Moscheen wird während des Tarawih-Gebets im Ramadan der gesamte Koran in 30 Nächten rezitiert, eine Praxis, die auch in Mekka und Medina üblich ist. Wer die Ausdauer hat, an diesen Gebeten teilzunehmen, kann großen Lohn erlangen.
Itikaf und Lailat-ul-Qadr
Was ist Itikaf?
Der Itikaf bezeichnet den Rückzug in der Moschee in den letzten zehn Tagen des Ramadan, um sich intensiver dem Gebet und der Anbetung zu widmen. Diese Praxis ist mit einem hohen Lohn verbunden, erfordert aber Zeit und Hingabe.
Der Prophet Muhammad (ﷺ) hat diese Tradition selbst gepflegt und betonte, dass sie eine Möglichkeit ist, sich von weltlichen Ablenkungen zu lösen und sich voll und ganz auf die Beziehung zu Allah (ﷻ) zu konzentrieren.
In Deutschland kann die Durchführung schwierig sein, da viele berufliche und familiäre Verpflichtungen bestehen. Dennoch kann jeder versuchen, sich in dieser Zeit mehr dem Gebet und der Besinnung zu widmen. Alternativ kann man auch einen „häuslichen Itikaf“ durchführen, indem man bestimmte Zeiträume festlegt, in denen man sich intensiv dem Gebet, dem Lesen des Korans und der Reflexion widmet.
Die Nacht der Bestimmung – Lailat-ul-Qadr
Lailat-ul-Qadr (Nacht der Bestimmung) fällt auf eine der ungeraden und letzten zehn Nächte des Ramadan und gilt als segensreich, da in ihr der Koran offenbart wurde. Diese Nacht ist wertvoller als tausend Monate und sollte daher mit verstärkten gottesdienstlichen Handlungen verbracht werden.
Der Koran sagt:
„Wir haben ihn wahrlich in der Nacht des Schicksals herabgesandt. Und was lässt dich wissen, was die Nacht des Schicksals ist? Die Nacht des Schicksals ist besser als tausend Monate. In ihr kommen die Engel und der Geist, mit ihres Herrn Erlaubnis herab, mit jeder Angelegenheit. Frieden ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.“
Koran, Sura 97, Verse 1–5
Diese Nacht ist eine Gelegenheit, intensive Gebete zu sprechen, um Vergebung zu bitten und um Allah (ﷻ) um seinen Segen zu ersuchen. Muslime sollten diese Zeit nutzen, um sich spirituell weiterzuentwickeln und Allahs (ﷻ) Nähe zu suchen. Besonders empfohlen ist das Rezitieren von Surah Al-Qadr und das Verrichten langer Nachtgebete (Qiyam al-Lail).
Der Prophet Muhammad (ﷺ) sagte:
„… und wer die Nacht von Lailat-ul-Qadr im Gebet verbringt, aus reinem Glauben und im Streben nach Belohnung, dem werden seine vergangenen Sünden vergeben.“
Sahih al-Bukhari 2014
Diese Nacht ist eine besondere Zeit der Barmherzigkeit und sollte bestmöglich genutzt werden, um sich Allah (ﷻ) zuzuwenden und Seine Vergebung zu erlangen.
Tarawih-Gebet, Itikaf und Lailat-ul-Qadr